Asiatischer Laubholzbockkäfer
Herkunft und Verbreitungsgebiet
Der Asiatische Laubholzbockkäfer (oft abgekürzt mit ALB von der englischen Bezeichnung Asian longhorn bzw. long-horned beetle“) wurde außerhalb seines ursprünglichen Verbreitungsgebietes – China und Korea – bereits in Nordamerika, Kanada, Libanon und etlichen europäischen Ländern, darunter Frankreich, Italien, Schweiz und Deutschland, nachgewiesen. In den Niederlanden, Österreich und Großbritannien gilt die Art seit ihrer Einschleppung inzwischen als erfolgreich ausgerottet.
In Deutschland trat der Schädling erstmals im Jahr 2004 auf. Seither wurde er in Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen nachgewiesen, konnte jedoch bis auf zwei noch aktive Befallsherde, in den meisten Fällen wieder erfolgreich ausgerottet werden.
Verbreitungswege
Als Hauptpfad der Verbreitung des ALB wurde unbehandeltes Frischholzverpackungsmaterial aus Laubholz (hauptsächlich Pappel) im Zusammenhang mit Importen von Pflastersteinen, Granitplatten oder Fliesen aus Ländern Ostasiens identifiziert. Die Käferlarven fanden sich dabei selbst in nur 1,5 cm dünnen Brettern des Verpackungsholzes. Weitere Einschleppungspfade von geringerer Relevanz umfassen den Import von Rundholz und Schnittholz von Laubbäumen aus Ländern, in denen der Asiatische Laubholzbockkäfer bekanntermaßen sowohl als einheimische Art als auch als eingeschleppte Art vorkommt, sowie den Import von Wirtspflanzen des ALB, darunter auch Bonsai-Bäume.
Wirtspflanzen
Der Asiatische Laubholzbockkäfer kommt an zahlreichen Arten von Laubbäumen und -sträuchern in allen Altersklassen und Dimensionen ab rund 3 cm Durchmesser vor, bevorzugt unter den europäischen Pflanzenarten aber offenbar Ahorn, Rosskastanie, Birke, Pappel, Weide und Ulme.
Morphologie (Aussehen)
Die Eier des ALB sind 5-7 mm groß und haben eine flache, längliche Form, vergleichbar mit der eines Reiskorns.
Die Larven sind 30-60 mm lang, unbehaart und beinlos. Das Kopfsegment ist braun, die nachfolgenden Brust- und Bauchsegmente hingegen sind weiß-cremefarben. Das erste Brustsegment ist das größte und hat auf der Rückseite einen braunen, verhärteten Nackenschild mit typischem Zinnenrand.
Die Puppen sind 30-37 mm lang und weiß bis elfenbeinfarben. Wie für Bockkäferlarven typisch, sind die langen Fühler bauchseitig in Form einer Spirale zusammengerollt.
Die Käfer haben eine Körperlänge von 20-37 mm, wobei die Männchen in der Regel etwas kleiner als die Weibchen sind. Die Flügeldecken sind schwarz lackglänzend und zeigen jeweils etwa 20 weiße bis gelbliche, unregelmäßige Flecken. Vereinzelt kommt es vor, dass die Individuen nur wenige bis keine Flecken oder besonders viele (bis zu 60) besitzen. Am Halsschild befinden sich seitlich zwei spitze Dornen. Die Fühler bestehen aus 11 Segmenten und sind blau-schwarz geringelt. Bei den Weibchen entspricht die Länge der Fühler der Körperlänge. Bei den Männchen hingegen sind diese mehr als doppelt so lang wie der Körper.
Lebensweise und Entwicklung
In Abhängigkeit von den klimatischen Bedingungen und dem Nahrungsangebot hat der Asiatische Laubholzbockkäfer einen Lebenszyklus von 1-3 Jahren. Im Ursprungsgebiet und den USA sowie den wärmeren Teilen Europas (bspw. Italien) dauert die vollständige Entwicklung etwa 1-2 Jahre pro Generation, in Befallsgebieten nördlich der Alpen hingegen 2-3 Jahre.
Die Eiablage erfolgt von Mai bis September. Dazu nagen die Weibchen mit Hilfe ihrer Mundwerkzeuge im mittleren und oberen Teil des Stammes sowie an Kronenästen einen 1-2 mm großen Trichter oder Schlitz in die Rinde des Baums und legen jeweils ein Ei hinein. Im Durchschnitt werden etwa 30 Eier einzeln unter die Rinde gelegt, so dass pro Baum in Abhängigkeit von dessen Größe dutzende Eiablagestellen sichtbar sein können (Saftfluss, der Wespen und Hornissen anlockt).
Unter warmen klimatischen Bedingungen vergehen von der Eiablage bis zum ersten Larvenstadium etwa zwei bis drei Wochen. Junge Larven beginnen mit dem Mastfraß im Phloemgewebe und bilden dabei Fraßgänge im Kambium. Mit zunehmender Reife wandern ältere Larven zunächst in das Splintholz und anschließend in das Kernholz, wo sie stammaufwärts gerichtete, ovale Larvengänge von bis zu 3,5 cm Breite und 10-30 cm Länge erzeugen. Der Auswurf größerer Mengen Holzspäne ist dabei eher selten, kann bei stärkerem Befall jedoch am Stammfuß oder in Astgabeln sichtbar sein. Aus Eigelegen des Frühjahrs können nach einmaliger Überwinterung der Larven bereits im Sommer des Folgejahres ausgewachsene Käfer hervorgehen, während Larven, die aus am Ende des Sommers gelegten Eiern geschlüpft sind, im darauffolgenden Jahr noch nicht vollständig entwickelt sind und eine zweite Überwinterung benötigen. Die Larven überleben dabei auch Wintertemperaturen von bis zu -15 C°.
Die Anzahl der Larvenstadien bis zur Verpuppung variiert zwischen 9 und 14. Die Verpuppung erfolgt in einer von der Larve angelegten Puppenkammer direkt unter der Rinde. Das Puppenstadium dauert etwa 2 bis 3 Wochen. Beim Erreichen des Erwachsenenstadiums bleiben die Individuen 7 bis 10 Tage lang unbeweglich in der Puppenkammer, dann schlüpfen die erwachsenen Tiere im Zeitraum April bis Oktober. Die Ausbohrlöcher sind kreisrund und haben einen Durchmesser von 10-15 mm.
Die ausgewachsenen Käfer haben eine durchschnittliche Lebenserwartung von etwa einem Monat. Die Käfer sind eher träge und fliegen nur an sonnigen Tagen bei hohen Temperaturen, deshalb liegt der Schwerpunkt der Flugzeit im Zeitraum Juni bis August. Als vergleichsweise sesshafte Art, befällt der Asiatische Laubholzbockkäfer oft denselben Wirt erneut, bis dieser als Ressource erschöpft ist. Die lange Entwicklungszeit von etwa 2 Jahren und die Lebensdauer der ausgewachsenen Käfer von 6-8 Wochen können dabei zur Überlappung von Generationen und dem Vorhandensein verschiedener Entwicklungsstadien im selben Baum führen.
Nachdem die erwachsenen Tiere den 10– bis 15-tägigen Reifungsfraß an der Rinde junger, unverholzter Triebe beendet haben, findet die Paarung und etwa eine Woche später die Eiablage statt. Diese erfolgt über die gesamte Lebensdauer des Weibchens.
Biologische und wirtschaftliche Problematik
Schwere Schäden sind vor allem auf den Larvenfraß zurückzuführen, da dieser die Leitgefäße des Rindenbastes und des Splintholzes schädigt und damit den Saftstrom unterbricht. Bei jüngeren Bäumen kann so bereits ein geringer Befall zum Absterben führen. Doch auch ausgewachsene, vitale Bäume können durch einen starken oder über längere Zeit anhaltenden Befall derart geschwächt werden, dass sie absterben. Weniger problematisch ist dagegen der Reifungsfraß der erwachsenen Käfer, der zu Schäden an Blättern, Blattstielen und auch an der Rinde junger Triebe und Zweige führt.
Da der Asiatische Laubholzbockkäfer im Gegensatz zu den heimischen Bockkäferarten auch lebende, vitale Laubbäume verschiedenster Gattungen befällt, wird das Schadpotenzial, insbesondere für Stadtbäume, hoch eingeschätzt. Bisher ist ein Befall von Waldbäumen ausgeblieben, da die Käfer selbst eher träge sind und in der Regel keine weiten Flugstrecken zurücklegen (maximal 300 m pro Jahr). Ohne eine konsequente Eindämmung würde sich die Art jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit auch auf Waldgebiete ausbreiten und deren Baumbestand grundlegend verändern.